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Die Dualwahl in einem Satz erklärt:

Mit dem Zeichen "2" können Wähler/innen festlegen, für welche Partei ihre Stimme im Stich­wahl­gang zählen soll, falls ihre bevor­zugte Partei im Hauptwahlgang an der Sperr­klausel scheitert.


Was ist eine Dualwahl?

Die Dualwahl ist ein Wahlverfahren, welches in einem Ver­hältnis­wahl­recht mit Sperrklausel (z.B. bei der Bundestags­wahl) das Grund­recht auf Gleichheit der Wahl gewährleistet. Die Verteilungs­wirkungen des Ver­fahrens entsprechen prinzipiell denen der Ersatzstimme. Allerdings gibt es zwischen beiden Instrumenten auch Unterschiede, vor allem in den verfassungsrechtlichen Konsequenzen.

Der Name leitet sich ab vom lateinischen Wort dualis ("zwei ent­haltend"), was auf die zwei Wahlgänge der Dualwahl hindeutet. Während die her­kömmliche Verhältniswahl mit Sperrklausel nur einen einzigen Wahlgang kennt, gibt es bei der Dualwahl neben dem Hauptwahlgang einen zusätz­lichen Stichwahlgang. Im Hauptwahlgang werden zunächst diejenigen Parteien ermittelt, die die Sperrhürde übersprungen haben. Diese Parteien haben sich damit für den Stichwahlgang qualifiziert, in welchem über die Verteilung der Mandate entschieden wird.

Im Unterschied zu einer herkömmlichen Stichwahl werden bei der Dual­wahl beide Wahlgänge in einer Stimmabgabe zusammen­ge­fasst Es ist nicht ungewöhnlich, dass mittels einer einzigen Stimmabgabe mehrere Stimmen abgegeben werden. Auch das sogenannte "Einstimmen­wahlrecht" zur Bundestagswahl 1949 könnte in diesem Sinne interpretiert werden, weil mittels einer einzigen Stimm­ab­gabe sowohl die siegreichen Kandidat(inn)en in den Wahl­kreisen (="Personen­stimme") wie auch die Anzahl der Sitze im Parlament (="Parteien­stimme") ermittelt wurden.. Deshalb wäre auch "2in1-Wahl" oder "Zweistufenwahl" ein treffender Name für das Verfahren. Zunächst kennzeichnen die Wählenden die­jenige Partei, die sie am meisten bevorzugen; dies ist die Initialstimme von lat. initius ="Anfang".

Alternative Bezeichnung: "Hauptstimme".
. Außerdem geben sie explizit oder implizit eine Final­stimme von lat. finis ="Ende".

Alternative Bezeichnung: "Stichstimme".
ab, die festlegt, für welche Partei die Stimme im Stichwahlgang zählt. Wie die Finalstimme zustande­kommt, wird im folgenden Abschnitt erläutert.


Das Standardmodell der Dualwahl

Bei der Standardvariante der Dualwahl wird die Initialstimme per Ankreuzen ("X") vergeben. Zusätzlich können die Wähler/innen mit Hilfe des Zeichens "2" eine gesonderte Stimmverfügung abgeben, die unter bestimmten Bedingungen als Finalstimme wirksam wird. Dabei gilt Folgendes:

A) Die Stimmverfügung wird nicht berücksichtigt, wenn die mit der Initialstimme gewählte Partei die Sperrhürde überwunden hat.Falls es Ausnahmeregelungen gibt, denen zufolge eine Partei trotz Verfehlung des Sperrquorums in das Parlament einzieht, müssten diese in der Definition berück­sichtigt werden. So würde man z.B. mit Blick auf § 6 Abs. 3 BWahlG ergänzen müssen:

"Die Stimmverfügung wird nicht berück­sichtigt, wenn die mit der Initialstimme gewählte Partei das Sperrquorum überwunden hat oder die nötige Zahl an Grundmandaten gewonnen hat oder als Partei einer nationalen Minderheit von der Sperrklausel befreit ist."
Dann zählen Initial­stimme und Finalstimme automatisch für dieselbe Partei, unab­hängig davon, ob auf dem Stimmzettel eine weitere Partei mit "2" gekenn­zeichnet worden ist.

B) Ist dagegen die mit der Initialstimme gewählte Partei an der Sperr­hürde gescheitert, entspricht die Finalstimme automatisch der Stimm­ver­fügung, sofern eine solche auf dem Stimmzettel angegeben wurde und sofern die Stimmverfügung auf eine Partei ausgestellt ist, die in der Stichwahl auch tatsächlich vertreten ist.

Diese Ausgestaltung des Wahlsystems führt dazu, dass alle Wählenden im Hauptwahlgang den Anreiz haben, diejenige Partei zu wählen, die sie am meisten bevorzugen. Die erzwungene Koppelung von Initial­stimme und Finalstimme bei denjenigen, deren Lieblingspartei das Sperrquorum über­wunden hat, ist gerechtfertigt, weil ein Wahlsystem eine wider­spruchs­freie Stimmabgabe verlangen darf. Da die Stimmen für beide Wahlgänge zeitgleich abgegeben werden, entfällt die Möglichkeit und die Notwendig­keit für die Wählenden, sich zwischen beiden Wahlgängen noch einmal umzuentscheiden. So kann das Wahlsystem ein - zumindest für den Moment - stabiles Präferenzensystem auf Wähler­seite unterstellen.

Dieser Umstand erlaubt es auch, aus den zwei abgestuften Präferenz­äußerungen "X" und "2" den eindeutigen Wählerwillen herzuleiten, dass eine Stimmverfügung, welche im Stichwahlgang nicht für die erst­präfe­rierte Partei wirksam werden kann, dann wenigstens automatisch der nächst­präferierten Partei zugute kommen soll.


Spezialfälle

Ausgehend von der oben vorgestellten Standardversion ließen sich theoretisch folgende Erweiterungen vornehmen:

Extendierte Dualwahl: Zum einen wäre es möglich, den Wählenden weitere optionale Stimmverfügungen ("3", "4" usw.) an die Hand zu geben, damit für den Fall, dass weder die mit "X" bzw. "1" gewählte Partei noch die mit "2" gewählte Partei im Stichwahlgang vertreten sind, dennoch eine erfolgswirksame Finalstimme abgegeben werden kann. Diese Modifikation würde das Wahlverfahren (etwas) komplizierter machen, würde aber den Verfassungsauftrag einer Gleichheit der Wahl bestmöglich umsetzen.

Multiple Dualwahl: Zum zweiten wäre ein Dualwahlsystem denkbar, welches - analog zum Prinzip der Integrierten Stichwahl - eine Vielzahl aufeinanderfolgender virtueller Stichwahlgänge enthält. Die erste Stich­wahl findet ohne diejenige Partei statt, die die wenigsten Initial­stimmen erhalten hat. In der nächsten Stichwahlrunde scheidet dann wiederum die nach kumulierten Stimmen nächstschwächere Partei aus. Dieses Prozedere wiederholt sich, bis nur noch Parteien im Rennen sind, die das Sperr­quorum erreicht haben; diese Parteien nehmen an der Verteilung der Mandate teil.

Auf den ersten Blick scheint die Multiple Dualwahl ein Höchstmaß an Gerechtigkeit zu bieten, weil auch Parteien, die im Hauptwahlgang unterhalb der Sperrhürde liegen, dank der Unterstützung durch die Wähler/innen anderer kleiner Parteien unter Umständen die Sperrhürde noch überspringen können. Allerdings erhöht sich bei dieser Variante der Grad der Komplexität deutlich, und es treten problematische Anreiz­wirkungen auf: Parteien werden zu Abspaltungen und Absprachen animiert und Wähler/innen müssten taktische Überlegungen anstellen. Im Extremfall kann sich der paradoxe Effekt ergeben, dass man der Lieblings­partei hilft, wenn man nicht sie wählt, sondern eine Partei, die man eigentlich überhaupt nicht mag (hier ein Beispiel).

Wenn im Folgenden von der "Dualwahl" die Rede ist, soll damit immer die oben beschriebene Standardvariante gemeint sein.


Die Dualwahl in der Praxis

Bislang ist noch nirgendwo ein kompensiertes Sperrklauselsystem mit Dualwahl-Mechanismus im Einsatz. Im Folgenden soll illustriert werden, wie das Wählen mittels Dualwahl konkret aussehen könnte.

Der Stimmzettel zur Bundestagswahl hat aktuell folgendes Design:

Muster-Stimmzettel Bundestagswahl 2017


Bei der Dualwahl würden die Stimmzettel ihr gewohntes Erscheinungsbild behalten können; nur die Beschreibung im Kopfbereich müsste angepasst werden. Nachfolgend ein Entwurf für einen Dualwahl-Stimmzettel zur Bundes­tags­wahl mit dem gewohnten zwei­spaltigen Layout, wo unter­halb der Überschriften konkrete Handlungs­anweisungen formuliert sind. Als Zusatzservice für die Wählenden könnte man außerdem Erläuterungen zum Wahlverfahren auf den Stimmzettel mit aufnehmen.Zum Beispiel könnte am Fuße des Stimmzettels folgender Text erscheinen:

Erläuterungen zum Wahlverfahren:
• Es gibt zwei Wahlgänge, die in einer einzigen Stimmabgabe zusammengefasst sind.
• Im Hauptwahlgang wird ermittelt, welche Parteien die 5-Prozent-Sperrhürde überspringen. Im Stichwahlgang wird ermittelt, wie viele Sitze diese Parteien jeweils enthalten.
• Wenn Ihre bevorzugte Partei im Hauptwahlgang mindestens 5 Prozent der abgegebenen Stimmen erreicht, zählt Ihre Stimme auch im Stichwahlgang für diese Partei.
• Wenn Ihre bevorzugte Partei im Hauptwahlgang weniger als 5 Prozent der abgegebenen Stimmen erreicht, zählt Ihre Stimme im Stichwahlgang für die mit gekennzeichnete Partei.

Entwurf eines Stimmzettels für die Dualwahl


Wird eine größere Einheitlichkeit der Wahlverfahren bei Erst- und Zweit­stimme gewünscht, könnte man für die Erststimme ebenfalls einen Stich­wahlgang einführen - bevorzugt in Form einer Integrierten Stichwahl mit n=2 Präferenzoptionen, eventuell auch als Supplementary Vote. Oder man fasst Erststimme und Zweitstimme gleich ganz zusammen und erhält dann ein System wie bei der Bundestagswahl 1949, jedoch zuzüg­lich Ersatzstimme bzw. Dualwahl; dies wird z.B. von Eckhard Jesse und Frank Decker gefordert.

Denkbar wäre auch eine grundsätzlich andere Stimmzettel-Gestaltung, bei der die Stichwahlstimme in einer zusätzlichen Spalte einzutragen ist. Diese Lösung, die in der folgenden Fotomontage (©VRM/zink) visua­lisiert wird, verlangt von den Wählenden allerdings eine gewisse Umge­wöhnung.

Entwurf eines Stimmzettels mit 3 Stimmen - Quelle: Fotolia Andrey Popov, Montage VRM/zink


Dennoch: Wer diese Art von Stimmzetteln komplex findet, sollte seinen Blick mal auf die bayerischen Kommunalwahlen richten. Bei der Stadt­rats­wahl in München z.B. dürfen die Wähler/innen 80 Stimmen vergeben, pro Bewerber/in maximal 3 Stimmen. Die Stimmzettel haben Tischtuch-Größe, und die Auszählungen ziehen sich über mehrere Tage hin. Trotz dieser Erschwernisse war bei der letzten Stadtratswahl 2014 die Zahl der ungültigen Stimmzettel mit 1,95 Prozent nur ebenso hoch wie die Summe der (bezüglich Erst- und/oder Zweitstimme) ungültigen Stimmzettel bei der Bundestagswahl 2013. Man darf Wähler/innen also nicht unter­schätzen!

Trotzdem versteht es sich von selbst, dass Änderungen beim Verfahren der Stimmabgabe durch intensive Aufklärungs­kampagnen begleitet werden sollten. Dazu gehören Aushänge in den Wahllokalen und die Verteilung einer Broschüre an alle Haushalte mit Informationen zum neuen Wahlverfahren (ggf. auch mit einer zusätzlichen kurzen Vorstellung der kandidierenden Personen und Parteien).

Die Auszählung in den Wahllokalen beginnt gemäß § 69 BWO wie üblich: Die Wahlurnen werden geleert, die Stimmzettel gezählt und entfaltet und anschließend auf drei bzw. vier Stapel (A: Erststimme wie Zweitstimme, B: Erststimme ungleich Zweitstimme, C: Stimmzettel leer, D: mutmaßlich ungültig) aufge­teilt. Sodann werden die in jedem Stapel befindlichen Erststimmen und (Haupt-)Zweitstimmen getrennt ausgezählt und die Ergebnisse in dem vorgeschriebenen Formular festgehalten. Ab hier gibt es zwei unter­schied­liche Möglichkeiten, wie weiter verfahren wird.

Bei der Variante der zentralisierten Stichwahl-Auszählung wird zunächst das vorläufige amtliche Endergebnis abgewartet. Wenn klar ist, welche Parteien an der Sperrklausel gescheitert sind, werden alle Stimmzettel, bei denen die Initialstimme auf diese Parteien entfiel, durch gesonderte Wahlausschüsse erneut ausgezählt. Deshalb kann bei dieser Variante das endgültige (Stichwahl-)Ergebnis erst am Tag nach der Wahl bekanntgegeben werden. Für die mediale Inszenierung des Wahlabends würde das jedoch so gut wie keine Veränderungen bedeuten, denn auch schon jetzt werden de facto bereits nach Vorliegen der ersten Prognosen bzw. der statistisch noch höchst sensiblen Hochrechnungen die Wahl­sieger gekürt und die Wahlverlierer ausgemacht.

Die dezentralen Stichwahl-Auszählungen hingegen finden zusammen mit der Hauptauszählung statt. Die Wahlvorstände in den Wahllokalen zählen alle Stimmzettel, die eine Kennzeichnung "2" enthalten, noch­mals aus; dabei werden alle festgestellten Kombinationen aus Initialstimme und Final­stimme notiert (z.B.: "7 x FDP/CDU, 2 x PIRATEN/SPD", 3 x ÖDP/GRÜNE - vgl. Musterformular) und zusätzlich zum Ergebnis des Hauptwahlganges an die Kreiswahlleitung übermittelt. Das vorläufige amtliche Endergebnis liegt bei dieser Variante noch in der Wahlnacht vor. Der zusätzliche Aus­zählungs-Aufwand beläuft sich in einem durch­schnitt­lich großen Wahllokal mit 400 bis 500 Wähler/innen auf geschätzt ledig­lich drei bis vier Dutzend Stimm­zettel; denn für die Wähler/innen großer Parteien macht es keinen Sinn, für den Stich­wahl­gang eine Stimm­ver­fügung zu vergeben, und von den Klein­parteien­wähler/innen würden zwar viele, aber keineswegs alle diese Option wahrnehmen.

Die nachfol­gen­de Abbildung (welche auf der Basis der Ergebnisse der Bundestagswahl 2017 erstellt worden ist) vermittelt einen realistischen Eindruck von den typischen Größenverhältnissen der Finalstimmen. Diese setzen sich zusammen aus dem optisch dominierenden Block der Replikat­stimmen lat. replicare ="erneut auseinanderfalten".

Replikatstimmen zählen im Hauptwahlgang wie im Stichwahlgang automatisch für dieselbe Partei. Bei der Bundestagswahl 2017 hätte dies alle Stimmen betroffen, die im Hauptwahlgang für CDU/CSU, SPD, AfD, FDP, LINKE und GRÜNE abgegeben worden sind.
, die auf die Gruppe der Über-5-Pro­zent-Parteien entfallen, und dem recht kleinen Block der Surrogat­stimmen lat. surrogatus ="Ersatz".

Die Surrogatstimmen sind in der rechten Spalte der kleine, bunt-gestreifte Block ziemlich am Ende des Schaubilds. Nur diese Stimmen müssen ein zweites Mal ausge­zählt werden.
, die für andere als die im Hauptwahlgang gewählten Parteien zählen. Am Ende des Schau­bilds sind außerdem der geschätzte Anteil der Null­stimmen lat. nullus ="kein".

Nullstimmen treten im Stichwahlgang auf, wenn der Stimm­zettel keine Kenn­zeichnung '2' enthält.
bzw. Ineffektivstimmen lat. effectus ="Erfolg/Wirksamkeit".

Ineffektivstimmen treten im Stichwahlgang auf, wenn nicht nur die mit 'X' gekenn­zeichnete Partei, sondern auch die mit der Ziffer '2' gekennzeichnete Partei an der Sperrklausel gescheitert ist.
aufge­führt, d.h. die Summe der im Stich­wahl­gang nicht vergebenen bzw. nicht wirk­sam gewordenen Stimm­ver­fügungen, und schließlich die ungül­tigen Final­stimmen (dargestellt durch den orangefarbenen Balken).

Schaubild zur Aufteilung der Filialstimmen



Gesetzentwurf zur Umsetzung der Dualwahl

Auf der Website www.BWahlG.de wird ein Vorschlag präsentiert, wie sich die Dualwahl konkret in das Bundes­wahlgesetz einfügen ließe. Trotz der von mancher Seite gern betonten Komplexität der Materie sieht der Änderungsvorschlag erfreulich schlank aus und kommt mit weniger als 200 zusätzlichen Wörtern aus, was einem Anteil von ca. zwei Prozent am Gesamt­umfang des BWahlG entspricht.



Vorteile der Dualwahl

A) Vollständige Gleichheit der Wahl:

Der größte Vorteil der Dualwahl besteht darin, dass sie die Gleichheit der Wahl wiederherstellen kann, welche durch Sperrklauseln wie jene in § 6 Abs. 3 BWahlG verletzt wird. Eine unkompensierte Sperrklausel führt zwangs­läufig dazu, dass ein gewisser Anteil der Stimmen (bei Bundes­tagswahlen betrifft dies typischerweise zwischen 5 und 10 Prozent der abgegebenen Stimmen) bei der Verteilung der Parlamentssitze unberück­sichtigt bleibt. Im herrschenden System haben diese Stimmen bei diesem Verfahrensschritt folglich eine Erfolgschance von Null.

Bei der Dualwahl hingegen kommt jeder abgegebenen Stimme in jedem der beiden virtuellen Wahlgänge eine uneingeschränkte Erfolgschance zu. Denn im Hauptwahlgang fließt in die Ermittlung, welche Parteien die Qualifikation für den Stichwahlgang geschafft haben, jede Stimme mit genau dem gleichen Gewicht ein. Auch im Stichwahlgang kann jede abgegebene Stimme ihren vollen Erfolgswert entfalten, weil alle dort noch zur Wahl stehenden Parteien in das Parlament einziehen. Ist auf dem Stimmzettel keine Partei, die noch im Stichwahlgang vertreten ist, gekennzeichnet, so hat der/die betreffende Wähler/in per Definition nicht am Stichwahlgang teilgenommen und dort keine Stimme abgegeben.

B) Vollständige Freiheit der Wahl:

Neben der Gleichheit der Wahl ist auch die Freiheit der Wahl tangiert. Diese ist zwar bisher nicht im strengen Wortsinn beinträchtigt, doch immerhin befinden sich die Anhänger/innen von Kleinparteien in einem psychologischen Dilemma: Entweder sie wählen ihre Lieblingspartei und "verschenken" damit ihre Stimme; oder sie wählen eine Partei, die in Wirklichkeit nicht ihre erste Wahl ist, nur um über die Zusammensetzung des Parlaments mitentscheiden zu dürfen. Bei der Standard-Dualwahl verschwindet dieses Dilemma weitgehend und bei der extendierten Dualwahl sogar vollständig. Indem die beiden Wahlziele "Stabilitäts­sicherung" und "Mandatsvergabe" auf zwei Wahlgänge aufgeteilt sind, kann das Wahl­recht in allen Facetten ohne psychologischen Druck ausgeübt werden.

Nicht nur aus Wählersicht dürfte es eine Befreiung sein, wenn die Wahlentscheidung ohne Schere im Kopf getroffen werden kann; auch die Parteien wären von taktischen Überlegungen befreit. Denn im herr­schen­den System bedeutet jeder Wahlantritt einer Unter-5-Prozent-Partei, dass sie dem politischen Lager, in dem diese Partei beheimatet ist, Stimmen wegnimmt und "vernichtet".

C) Aussagekräftigere Wahlergebnisse:

Da die Dualwahl zu ehrlichem Wahlverhalten ermutigt, werden in den Wahl­statistiken unver­fälschte Wählervoten sichtbar. Die Verzer­rungen durch Sperrklausel-Effekte und sogenannte "Leihstimmen" werden zurück­geführt und die wahren Stärkever­hältnisse zwischen den politischen Lagern transparenter. Sogar Koalitions­vorlieben ließen sich bis zu einem bestimmten Grad aus den Wahlergeb­nissen herauslesen. Dass die Wähler­willen in einem Dualwahl-System differenzierter ausge­drückt werden können als bisher, erhöht die demokratische Qualität der Wahl.

D) Höhere demokratische Legitimation:

Die Legitimation von Regierungen wird u.a. dort angezweifelt, wo eine Mehrheit der abgegebenen Stimmen nicht zu einer Mehrheit der Parla­mentssitze führt (vgl.: Popular Vote vs. Wahlmänner-Mehrheit in den U.S.A. oder auch Gerrymandering). Diese Gefahr wohnt auch allen Wahl­systemen mit Sperrklausel inne. Selbst wenn eine deutliche Mehrheit der Bevölkerung für ein bestimmtes politisches Lager votiert hat, kann der Regierungsauftrag dennoch an das eigentlich unterlegene Lager fallen, wenn ein oder mehrere potentielle Koalitionspartner aus dem stärkeren Lager knapp an der Sperrklausel scheitern. Unter Gerechtig­keitsaspekten ist dies schwer zu verstehen, zumal die politischen Akteure ansonsten sehr penibel darauf achten, dass Mehrheit auch Mehrheit bleibt (vgl. z.B. Pairing-Abkommen oder § 6 Abs. 7 BWahlG).

Da in der Stichwahl die großen Parteien ihre Ergebnisse aus dem Haupt­wahlgang dank der Finalstimmen von Kleinparteienanhängern nochmals steigern können, erhöht die Dualwahl auch quantitativ messbar die demokratische Legitimation. In einer Simulations­studie von Graeb/Vetter (ZParl 3/2018) erhielten die im Bundestag vertretenen Parteien in einem Ersatzstimmensystem am Ende ca. zwei Prozent mehr Zustimmung (gemessen in absoluten Stimmenzahlen) im Vergleich zu einer herkömm­lichen Wahl.

E) Bessere demokratische Integration:

Laut dem im Grundgesetz verankerten Demokratieprinzip sollen Wahlen unter anderem als Integrationsvorgang bei der politische Willensbildung des Volkes fungieren. Auch diese Aufgabe wird von der Dualwahl besser gemeistert als vom bisherigen System der unkompensierten Sperrklausel. Große Parteien würden nämlich mit Blick auf erhoffte Finalstimmen die Anhänger kleiner Parteien stärker in den Fokus nehmen und versuchen, mit passenden Politikangeboten neue Wählerschichten zu erschließen. Dies führt zu einem stärkeren Zusammenhalt in der Gesellschaft.

Die Wähler/innen kleiner Parteien wiederum bekommen das Gefühl, mit ihrer politischen Meinung am Ende doch noch ernst genommen zu werden. So kann die Dualwahl die Identifikation mit dem System der repräsentativen Demokratie erhöhen; sogar die Wahlbeteiligung könnte tendenziell steigen.

Kurz und knapp zusammengefasst:
Das Verfahren der Dualwahl ist einfach gerechter!


Verfassungsrechtliche Bewertung

Es ist seit Jahrzehnten gesicherte Verfassungsrechtsprechung, dass die herrschende Sperrklausel das grundrechtsgleiche Recht auf Gleichheit der Wahl verletzt, weil einigen Stimmen ein Erfolgswert von Null zukommt. Dieser - isoliert betrachtet: verfassungswidrige - Zustand wird nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts jedoch dadurch legitimiert, dass es angeblich keinen grundrechtsverträglicheren Weg gibt, um die Funktionsfähigkeit des Parlaments zu sichern.

Dieser überlieferten Ansicht kann nicht gefolgt werden. Vielmehr gibt es mit der Dualwahl sehr wohl ein Instru­ment, welches Grundrechte nicht nur besser schützt (siehe oben), sondern zugleich auch die Funktions­fähigkeit des Parlaments mindestens ebenso gut sichert wie die herr­schende, unkompensierte Sperrklausel. Denn der Dualwahl-Mechanis­mus ergänzt die Sperrklausel ja lediglich, er verändert nicht die Höhe des Sperrquorums. Dadurch bleiben Parteien, die in der Wähler­schaft einen Rückhalt von weniger als fünf Prozent haben, wie bisher schon von einer Vertretung im Parlament ausgeschlossen. Damit ergibt sich ein sehr starkes Indiz für die Annahme, dass die Dualwahl tatsächlich ein milderes Mittel gegenüber der unkompensierten Sperrklausel ist.

Auch ist nicht zu befürchten, dass sich die Zahl der in den Bundestag gewählten Fraktionen aufgrund der Dualwahl im Durchschnitt erhöhen könnte (vgl. hier). Es ist sogar wahrscheinlich, dass die Dualwahl die Funktionsfähigkeit des Parlaments noch steigert, weil sie den potentiellen Wettbewerb zwischen etablierten Parteien auf der eine Seite und kleinen bzw. neugegründeten Parteien auf der anderen Seite stärkt und damit der Gefahr einer schädlichen Verfestigung der herrschenden Strukturen ent­gegenwirkt. Damit ist die Dualwahl ein zweifelsfrei gleich-geeignetes milderes Mittel und die unkompensierte Sperrklausel des Status quo wäre folglich verfassungswidrig.


Unterschiede zur Ersatzstimme
(erklärt anhand des BVerfG-Urteils von 2017)

Auch das Instrument der Ersatzstimme ist angetreten, ein milderes Mittel gegenüber der unkompensierten Sperrklausel zu sein. Bei dieser schon etwas älteren Wahlrechts-Innovation können die Wähler/innen für den Fall, dass die Partei ihrer ersten Präferenz an der Sperrklausel scheitert, mittels einer "Ersatzstimme" eine andere Partei bestimmen, an die die Stimme übertragen werden soll. Ergo haben die Wähler/innen in diesem Wahlsystem im Zweifel nur eine Stimme, deren Inhalt jedoch unter bestimmten Bedingungen durch den Inhalt einer zusätzlich abgegebenen "Stimme" (oder wohl besser: Stimmverfügung) ersetzt wird.

Die Verteilungswirkungen von Ersatzstimme und Dualwahl sind prinzipiell die gleichen, wobei allerdings die Ersatzstimme von manchen Befür­wor­tern ausschließlich im Sinne einer multiplen Dualwahl verstanden wird und bei dieser Ausgestaltung dann eben doch ein sehr anderes Ergebnis entstehen kann. Doch selbst bei weitestmöglich äquivalenter Ausgestal­tung unter­scheiden sich Ersatzstimme und Dual­wahl auf jeden Fall bezüglich der in ihnen wirkenden wahltechnischen Mechanis­men. Es geht hier tatsächlich nicht bloß um eine andere Terminologie, sondern um zwei unterschiedliche Sachverhalte, die in der Folge zu einer unterschied­lichen verfassungsrecht­lichen Bewertung führen - wie nachfolgend gezeigt werden soll.

Mit Beschluss vom 19. September 2017 hat sich das Bundesver­fassungs­gericht erstmals mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Ersatzstimme (in der betreffenden Wahlprüfungsbeschwerde hieß sie "Eventualstimme") ein zweifelsfrei milderes Mittel zum Status quo ist. Anhand dieses Urteils, dessen wichtigste Passagen nachfolgend in kursiver Schrift wiedergegeben sind, lassen sich die Unterschiede zwischen Ersatzstimme und Dualwahl besonders gut darstellen.

 A):
"Die Eröffnung der Möglichkeit einer Eventualstimme [wäre] in rele­van­tem Umfang mit Eingriffen in den Grundsatz der Wahlgleichheit ... ver­bunden. Dies gilt hinsichtlich der Erfolgswertgleichheit, falls sowohl die Haupt- als auch die Eventualstimme an Parteien vergeben werden, die jeweils die Sperrklausel nicht überwinden." (Rn. 81)

Die Ersatzstimme stellt die Gleichheit der Wahl dort wieder her, wo die Hauptstimme zwar an der Sperrklausel scheitert, die Ersatzstimme jedoch einer Partei gilt, die die Sperrhürde überwunden hat. Hier ist - was das Gericht leider festzustellen versäumt hat - die Ersatz­stimme eindeutig milderes Mittel zur herrschenden Sperrklausel. Lediglich in dem vom Gericht zitierten Sonderfall sowie außerdem in dem Fall, dass keine zweite Präferenz angegeben wurde, verfehlt die Ersatz­stimme (nicht anders als der Status quo!) die Gleichheit der Wahl. Die Dualwahl hingegen schafft es in allen drei Fällen, eine gleiche Wahl zu gewähr­leisten.

Ein Beispiel soll veranschaulichen, warum die Dualwahl in puncto Gleich­heit der Wahl - im Sinne einer Erfolgschancen­gleichheit der Stimmen - der Ersatz­stimme tatsächlich überlegen ist. Wählerin W ist Anhängerin der Klein­partei K, die absehbar an der Sperrhürde scheitern wird. Wenn W keine andere Partei für wählbar hält, verzichtet sie folgerichtig auf die Kenn­zeichnung einer weiteren Partei auf dem Stimmzettel. Im Ersatz­stimmen­modell wird ihrer Stimme letztlich die Erfolgschance verwehrt, weil sie bei der Zuteilung der Sitze unberücksichtigt bleibt. Im Dualwahl­modell hingegen besitzt ihre Initialstimme eine uneingeschränkte Erfolgs­chance, weil sie bei der Frage, welche Parteien in den Stichwahl­gang einziehen, wie jede andere Stimme berücksichtigt wird. Eine Finalstimme hat W nicht abge­geben, obwohl das Wahlsystem ihr diese Möglichkeit explizit eingeräumt hat. Da jedoch bei nicht-abgegebenen Stimmen logischerweise keine Erfolgs­chancen-Ungleich­heit eintreten kann, fällt der verfassungs­rechtliche Vergleich zugunsten der Dualwahl aus - dank der Trennung in zwei Wahlgänge, die wiederum eine Auf­splittung in zwei potentielle Erfolge bzw. Erfolgschancen erlaubt.

Im Standardmodell der Dualwahl kann es in seltenen Fällen dazu kommen, dass Wähler/innen unbeabsichtigter­weise nicht am Stich­wahl­gang teilnehmen. Das passiert, wenn neben der Initialstimme auch die Finalstimme für eine Partei abgegeben wurde, die das Sperrquorum am Ende verfehlt, ohne dass dies vorher absehbar war. Hier würde die extendierte Dualwahl Abhilfe schaffen können, weil sie die Vergabe zusätzlicher Stimmver­fügungen erlaubt.

 B):
"Daneben erscheint die Eröffnung der Möglichkeit einer Eventualstimme aber auch mit Blick auf die Zählwertgleichheit nicht unproblematisch: Während die Stimmen derjenigen, die eine Partei wählen, die die Sperrklausel überwindet, nur einmal gezählt werden, ist dies bei Stimmen, mit denen in erster Priorität eine Partei gewählt wird, die an der Sperrklausel scheitert, nicht der Fall. Vielmehr wären sowohl die Haupt- als auch die Eventualstimme gültig. Die Hauptstimme würde bei der Feststellung des Wahlergebnisses berücksichtigt, wäre im Rahmen der staatlichen Parteienfinanzierung relevant und bliebe lediglich bei der Mandatsverteilung ohne Erfolg. Daneben wäre auch die Eventualstimme eine gültige Stimme, die beim Wahlergebnis berücksichtigt und zusätzlich bei der Mandatsverteilung Relevanz entfalten würde." (Rn. 81)

Hier könnte das semantisch nicht ganz klare Konzept der Eventual- bzw. Ersatzstimme das Gericht zu falschen Schlüssen verleitet haben. Denn eigentlich wird - wie bereits im Namen Ersatz-Stimme anklingt - die Hauptstimme ggf. bloß ersetzt. Beim entscheidenden Vorgang der Mandatsberechnung hat niemand mehr als eine Stimme; das Erfordernis gleicher Zählwerte ist damit auch bei der Ersatzstimme vollumfänglich gewahrt. Dennoch kann die Dualwahl auch hier punkten, denn durch die Definition, dass alle Wähler und Wählerinnen genau eine Stimme im Hauptwahlgang und eine Stimme im Stichwahlgang haben, können erst gar keine Zweifel hinsichtlich eventuell unterschiedlicher Zählwerte aufkommen.

Im Ersatzstimmen-Modell liegen Zweitstimmen je nach Zeitpunkt in verschiedenen Zuständen vor, weil sie vor bzw. nach der Einbeziehung der Ersatzstimmen für unterschiedliche Parteien zählen können. Deshalb müsste man überall dort, wo Zweitstimmen relevant werden (wie bei der Veröffentlichung der Wahlergebnisse, der Berechnung der Sitzver­teilung, der Reihenfolge auf den Stimmzetteln, den Ansprüchen aus der Parteien­finanzierung etc.), immer erst definieren, welche Form der Zweitstimme in dem betreffenden Kontext eigentlich gemeint ist. Bei der Dualwahl hingegen wird klar nach Initialstimmen und Finalstimmen unterschieden, so dass derlei Irritationen und Verwechslungen nicht möglich sind.

 C):
"Die Einführung einer Eventualstimme [würde] die Komplexität der Wahl erhöhen, so dass eine Zunahme von Wahlenthaltungen und ungültigen Stimmen nicht ausgeschlossen erscheint." (Rn. 81)

Zum einen gibt es Indizien dafür, dass ein Rangfolgewahlverfahren wie die Dualwahl nicht zu einer nennenswert gestiegenen Zahl an ungültigen Stimmen führt. Zum anderen und vor allem aber ist dieses Kriterium im Rahmen der verfassungsrechtlichen Verhältnis­mäßigkeits­prüfung ohnehin irrelevant, denn weder fördert die Miminierung von ungültigen Stimmen und Wahlenthaltungen die Funktionsfähigkeit des Parlaments noch handelt es sich hierbei um ein ausdrücklich geschütztes Verfassungsgut.

Doch angenommen, es würde ein relevantes Argument vorliegen, dann würde auch hier die Dualwahl im Zweifel besser abschneiden. Die Abgabe der Initialstimme (mittels eines Kreuzes für die Lieblingspartei) entspricht nämlich exakt dem jahrzehntelang gewohnten Modus der Stimm­abgabe, so dass hier nicht mit einer höheren Zahl ungültiger Initialstimmen zu rechnen ist. Zusätzliche ungültige Stimmen könnten allenfalls im Stich­wahl­gang auftreten, und hiervon wären ausschließlich Wählergruppen betroffen, die von der Wahlrechtsänderung überhaupt erst begünstigt werden. Würde ihre Finalstimme unwirksam, wären sie nicht schlechter gestellt als im Status quo; somit wäre dies im Rahmen der Grundrechte­abwägung unschädlich (vgl. dazu das EuGH-Urteil C-371/10, Rn. 73 bzw. dessen Erläuterung bei Michael Schaden).

 D):
"Dabei kann dahinstehen, ob und inwieweit einem Eventualstimmrecht verfassungsrechtliche Bedenken unter den Gesichtspunkten der Unmittel­barkeit und Öffentlichkeit der Wahl sowie der Unvereinbarkeit eines bedingten Votums mit dem Demokratieprinzip entgegen­stehen." (Rn. 80). "Mit Blick auf den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Wahl kann die Eventualstimme Probleme aufwerfen, weil letztlich andere Wähler darüber entscheiden, für wen eine Stimme abgegeben wird." (Rn. 81)

Nach herrschender Meinung in der Literatur wird die Unmittelbarkeit der Wahl durch die Ersatzstimme nicht verletzt; vgl. z.B. die Artikel von Philipp Barlet (ZJS, 2/2018), Hermann Heußner (LKRZ 1-2/2014), Matthias Damm (DÖV, 2013) oder das Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Schleswig-Holsteinischen Landtags (2015).

Auch die angebliche "Bedingtheit" des Votums hält einer genaueren Prüfung nicht stand; denn der angeführte "Vorbehalt" bezüglich der Wirksamkeit einer Stimme bzw. Stimmverfügung wird ja gar nicht von Wählerseite gesetzt, sondern durch das Wahlsystem. Auch beim herrschenden Sperrklausel­system gibt es den Vorbehalt im Wahlsystem, dass Stimmen nur dann berücksichtigt werden, wenn die Partei, auf die die Stimme entfällt, das Sperrquorum übersprungen hat. Indem das Gericht dem Ersatz­stimmen­system vorwirft, es ließe andere Wähler darüber entscheiden, für welche Partei eine Stimme wirksam wird, verkennt es, dass dieser Zustand schon ein großer Fortschritt gegenüber dem Status quo wäre, wo ja andere Wähler darüber entscheiden dürfen, ob Stimmen überhaupt wirksam werden. Trotz dieses eindeutigen Befundes dürfte es hilfreich sein, wenn bei der Ersatz­stimme zukünftig noch sauberer zwischen wirksamen Stimmen und bloßen Stimmver­fügungen unter­schieden wird - so wie dies schon jetzt bei der Dualwahl geschieht.

Fazit:
Sowohl die Dualwahl wie auch die Ersatzstimme stellen im verfassungs­recht­lichen Vergleich gegenüber dem Status quo mildere Mittel dar, wobei die Dualwahl das nochmals mildere von beiden ist. Zudem ist die Dual­wahl klarer definiert und in der praktischen Handhabung unkompli­zierter.

Während die Ersatzstimme erstmals im Jahr 2017 vom Bundesver­fassungs­gericht in ihrer Eigenschaft als mögliches milderes Mittel überprüft worden ist (mit dem Ergebnis, dass sich nach Meinung des Gerichts aus dem Grund­satz der Verhältnis­mäßigkeit zumindest keine Pflicht zur Einführung eines Ersatzstimmen­rechts ableiten lässt; vgl. Rn. 82), wurde eine solche Über­prüfung für die Dualwahl erstmals 2021 im Rahmen zweier Wahlprüfungs­beschwerden zur Bundes­tags­wahl 2017 bzw. zur Brandenburger Landtagswahl 2019 durch­geführt. In beiden Fällen sahen die Gerichte die Nicht-Einführung der Dualwahl nicht als verfassungswidrig an.


Literatur (Auswahl)

  • Björn Benken: "Die Ersatzstimme - ein Instrument, dessen Zeit ge­kommen ist?", in: Tobias Mörschel (Hg.): "Wahlen und Demokratie - Reformoptionen des deutschen Wahlrechts", Baden-Baden 2016, S. 165-180. (Die Dualwahl wird ausführlich auf Seite 169 be­sprochen).

  • Stefan Lenz: "Sperrklausel und Ersatzstimme im deutschen Wahl­recht", in: NVwZ 24/2019, S. 1797-1802. (Lenz interpretiert die Ersatzstimme als ein System mit zwei Wahl­gängen - also letztlich als Dual­wahl; vgl. Seiten 1799 und 1800).


Liste von Unterstützer/innen

Nachfolgend sind wissenschaftliche Institutionen, Parteien, Vereine und Privatpersonen aufgeführt, die das Konzept der Dualwahl ausdrücklich unterstützen.


Gerhard Kottschlag, Mit-Initiator der Aktion Wahlreform  ( Link)

Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP), Bundesvorstand  ( Link)

Dr. Patrick Breyer, Mitglied des EU-Parlaments (PIRATEN)  ( Link)

Wenn auch Sie als Unterstützer/in in obiger Liste erscheinen möchten oder in anderer Form ein Feedback abgeben möchten, nehmen Sie bitte per E-Mail Kontakt zum Betreiber dieser Website auf.

Im Übrigen gibt es eine eigene Wahlreform-Mailingliste, in der die Themen Ersatzstimme, Dualwahl und Integrierte Stichwahl diskutiert werden. Bei Interesse können Sie sich hier anmelden.




 

 
Kontakt / Impressum:

Dr. Björn Benken
Institut für Wahlrechtsreform
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